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Swami Sivananda Sarasvati

Kundalini-Yoga

(München 1953)

Nicht jeder ist berufen, Yogi zu werden, sondern nur sehr wenige. Man muß in diesem oder in früheren Leben sich selbstlos seiner Aufgabe gewidmet oder rituelle Regeln befolgt haben, ohne Bindung an die Handlungen und ihre Ergebnisse. Man muß selbstlose Verehrung (upasana) geübt und als deren Ergebnis ein reines Bewußtsein (chittasuddhi) erlangt haben. Dies heißt nicht nur, daß die Gedanken von sinnlicher Unreinheit (sadhana) frei sein müssen, das ABC des geistigen Weges an sich. Denn man kann in diesem Sinn rein und dennoch völlig ungeeignet sein. Yoga Chittasuddhi besteht nicht nur in moralischer Reinheit jeder Art, sondern in Weisheit, Bindungslosigkeit, geistiger Klarheit, Aufmerksamkeit und Meditation. Hat das Bewußtsein durch Karma-Yoga und Upasana diese Eigenschaften erlangt, und sind Leidenschaftslosigkeit und Bindungslosigkeit — das Ziel des Jnana-Yoga — vorherrschend, dann steht der Yogaweg offen zur Erfahrung der höchsten Wahrheit. Für diese höhere Form des Yoga sind aber nur sehr wenige Menschen geeignet. Die Mehrzahl sollte ihre Entwicklung auf dem Pfad des Karma-Yoga und der Hingabe suchen. (S. 18)


          Wer sein kostbares Leben mit Essen, Schlafen und Schwätzen ohne geistige Schulung vergeudet, ist nicht viel mehr als ein Tier. (S.36)


EIGENSCHAFTEN DES SCHÜLERS


Bei stark geschwächter Vitalität des Körpers ist strenge geistige Schulung unmöglich. Darum ist die beste Zeit für geistige Übungen (yoga abhyas) die Jugend, die Zeit, in der der Schüler über die erste und wichtigste Eigenschaft, die Kraft der Lebensfülle, verfügt.

          Ein guter Schüler wird sein, wer ruhig und beherrscht ist, wer den Lehren seines Gurus und der Schriften gehorcht, wer mäßig ist im Essen und Schlafen und erfüllt ist von intensiver Sehnsucht nach Befreiung vom Rad der Wiedergeburten.

          Ahamkaram balamdarpam kamam krodham parigraham

          Vimuchya nirmanah santo brahmabhuyaya kalpate.

„Wer Selbstsucht, Heftigkeit, Hochmut, Begierde, Zorn und Geiz überwunden hat, wer selbstlos und friedvoll geworden ist, der ist geeignet, Unsterblichkeit zu erlangen.”

          Ein Schüler, der sich sinnlichen Freuden hingibt, der hochmütig, stolz, unehrenhaft, unwahr oder listig ist, voller Ränke und Betrug, der Guru, Meister oder Älteren ohne Ehrfurcht begegnet, der Freude hat an eitlem Wortgefecht und weltlichen Handlungen, wird niemals in Yogaübungen Erfolg haben.

          Leidenschaft (kama), Ärger (krodha), Gier (lobha), sinnliche Anziehung (moha), Stolz (mada) und sonstige Unreinheiten müssen zerstört werden, da sie Feinde der Reinheit und Vollkommenheit sind.

          Schüler des geistigen Pfades (sadhak) sollten folgende Eigenschaften entwickeln:

Redlichkeit, Gehorsam gegen den Guru, Opferbereitschaft für Kranke und Alte, Friedfertigkeit (ahimsa), Keuschheit (brahmacharya), spontane Großzügigkeit, Geduld (titiksha), Ausgeglichenheit (samata), Opferwilligkeit, Selbstlosigkeit, Duldsamkeit, Mäßigkeit im Essen (mithahara), Demut, Ehrlichkeit und andere Tugenden. Fehlen diese Eigenschaften, so wird der Schüler keinen Segen empfangen, selbst wenn er das Erwecken der Kundalini durch noch so viele Yogaübungen zu erreichen sucht.

          Der Schüler sollte sein Herz dem Guru öffnen und ehrlich und lauter sein. Er sollte Ich-Bejahung, Heftigkeit (raja), Eitelkeit und Hochmut aufgeben und die Befehle seines Meisters mit Vertrauen (sraddha) und göttlicher Liebe (prema) ausführen. Ständige Selbstrechtfertigung ist eine gefährliche Gewohnheit des Schülers.

          Durch zuviel Geschwätz, unnötige Sorgen und sinnlose Furcht wird Energie verbraucht. Unnützes Reden sollte vollkommen aufgegeben werden. Der wahre Schüler macht wenig Worte und spricht nur über geistige Dinge. Er sollte allein leben, denn Schweigen (mowna) ist sehr wichtig. (S.40-41)

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